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Verstärkung mit Textilbeton beim Umbau des Finanzamts Zwickau

Ein unter Denkmalschutz stehender Gebäudekomplex der ehemaligen Ingenieurschule in Zwickau wurde im Auftrag des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement umgebaut und erweitert. Nach fast fünfjähriger Planungs- und Bauzeit konnte das 1902 im Jugendstil errichtete Bestandsgebäude am 8. Dezember 2010 offiziell als Finanzamt Zwickau übergeben werden.

Im Westflügel sollte eine über 100 Jahre alte tonnenförmige Dachkonstruktion aus Stahlbeton erhalten und für die künftige Nutzung gesichert werden. Die historische Konstruktion überspannt einen ca. 17 m langen und ca. 7 m breiten Raum stützenfrei. Eine 8 cm dicke Stahlbetonschale mit Lichtöffnungen ist monolithisch mit elf Stahlbetonbalken mit einer Breite von 20 cm und einer Höhe von 25 cm verbunden. Da die Tragfähigkeit dieser Konstruktion nach statischen Untersuchungen mit heutigen Normen nicht nachgewiesen werden konnte, war eine Verstärkung erforderlich. Aufgrund der Forderungen des Denkmalschutzes sowie der Geometrie des Tonnendaches erwiesen sich übliche Verstärkungsverfahren – Spritzbeton mit Stahlbewehrung oder Kleben von CFK-Lamellen – als ungeeignet. Als Sondervorschlag konnte eine Verstärkung mit textilbewehrtem Beton mit Auftragsdicken von nur 1,5 cm überzeugen. Bei diesem neuen Verfahren werden Textilien aus hochleistungsfähigen Carbonfasern, die als zusätzliche Bewehrung zur Aufnahme der Zugkräfte dienen, in eine mineralische Feinbetonmatrix eingebettet. Die Korrosionsbeständigkeit der textilen Bewehrung ermöglicht das Herstellen dünner Betonschichten bei optimaler Anpassung an die Geometrie des Altbauteiles. Die Lasteinleitung in das vorhandene Bauteil erfolgt flächig. Die für dieses Verstärkungsverfahren derzeit noch erforderliche Zustimmung im Einzelfall wurde in Zusammenarbeit von Deutsches Zentrum Textilbeton, TU Dresden und planzwo GmbH beantragt und durch die zuständige Landesstelle für Bautechnik in Leipzig zeitnah erteilt. Mit der Ausführung wurde die TORKRET Substanzbau AG, Niederlassung Berlin beauftragt. Ausführungszeitraum war im Oktober/November 2008, die Arbeiten dauerten ca. 4 Wochen. Die Stahlbeton-Tonnenkonstruktion wurde freigelegt, der Putz abgetragen und schadhafte Stellen im Altbeton ausgebessert. Nach dem Vorbereiten der Oberfläche durch Sandstrahlen und Vornässen folgte das Aufbringen der ersten 3 mm dicken Schicht Feinbeton im Nassspritzverfahren mit einer Mörtelpumpe. Das zugeschnittene Bewehrungstextil aus Carbonfasern wurde aufgebracht und durch leichtes Eindrücken in den Frischbeton eingearbeitet. Entsprechend der statisch erforderlichen Bewehrungslagenanzahl wiederholte sich das lagenweise Aufbringen von Beton- und Textilschichten. Die ca. 3 mm dicke Deckschicht wurde an der Innenseite der Dachkonstruktion mit rauer Spritzbetonoptik ausgeführt und intensiv nachbehandelt. Das Deutsche Zentrum Textilbeton der TUDAG übernahm gemeinsam mit Mitarbeitern der TU Dresden, Institut für Massivbau, die Sonderbauüberwachung der Textilbetonarbeiten. Durch das Aufbringen der ca. 1,0 cm dicken Textilbetonschicht konnten somit die Geometrie und Proportionen der Dachkonstruktion erhalten bleiben und gleichzeitig eine Verstärkungswirkung erzielt werden [1]. Neben den statischen Forderungen konnte die Textilbetonverstärkung auch den Anforderungen von Architekten und Bauherren gerecht werden.

Literatur

[1] Schlaitz, F.; Lorenz, E.; Jesse, F.; Curbach, M.: Verstärkung einer denkmalgeschützten Tonnenschale mit Textilbeton. In: Beton- und Stahlbetonbau 104 (2009) 7, S. 432–437.

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  • Veröffentlicht am:
    30.04.2012
  • Geändert am:
    03.03.2020