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Allgemeine Informationen

Fertigstellung: Dezember 2013
Status: in Nutzung

Bauweise / Bautyp

Konstruktion: Skelettbau
Funktion / Nutzung: Forschungsinstitut
Bürogebäude
Baustoff: Stahlbetonbauwerk

Preise und Auszeichnungen

2015 Einreichung  

Lage / Ort

Lage: , , ,
Verbunden mit: ESO-Hauptquartier (1980)
Koordinaten: 48° 15' 32.83" N    11° 40' 19.80" E
Koordinaten auf einer Karte anzeigen

Technische Daten

Baustoffe

Gebäudekonstruktion Stahlbeton

Erweiterungsbau der Europäischen Südsternwarte

Aufgabenstellung

ESO (European Organisation for Astronomical Research in the Southern Hemisphere) ist die europäische Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre. Sie wurde 1962 gegründet und versorgt die europäischen Astronomen und Astrophysiker mit Forschungseinrichtungen. Die bestehende Hauptverwaltung der ESO aus den 1980er Jahren befindet sich im Forschungszentrum Garching nördlich von München. Um den anhaltenden Zuwachs an Mitgliedsländern und Mitarbeitern gerecht zu werden, musste die Hauptniederlassung der ESO durch ein neues Büro- und Konferenzgebäude sowie ein Technikgebäude erweitert werden. Der Erweiterungsbau soll durch eine Verbindungsbrücke an den Altbau angeschlossen werden.

Der Entwurf für den ESO-Erweiterungsbau wurde in einem international besetzten Realisierungswettbewerb im Jahre 2008 mit dem 1. Preis ausgezeichnet.

Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Das neue Büro- und Konferenzgebäude der ESO besteht aus drei kreisförmigen Gebäudeabschnitten A, B und C, die über Stahlbetondecken miteinander verbunden sind. Die beiden Obergeschosse des Gebäudes weisen umlaufend eine zweigeschossige Auskragung (Kraglänge ca. 4,60m) auf. Zwischen den Gebäuden A / B sowie B / C befindet sich im Erdgeschoß ein stützenfreier Bereich mit einer max. Spannweite von ca. 20m. Das Tragwerk wurde als Stahlbetonskelettkonstruktion bestehend aus den wesentlichen Tragelementen Stützen (Durchmesser 25 - 35cm), Decken (Dicke h=26cm), wandartige Träger (Dicke d=30cm) sowie Rippentragwerk über den stützenfreien Bereichen (Rippenhöhe inkl. Deckenplatte 150cm, Breite 75cm) ausgeführt.

Auch das benachbarte Technikgebäude wurde als Stahlbetonskelettkonstruktion entworfen. Die Decken der Montagehalle, die als Reinraum erweiterbar sind, sowie die Laborräume sind als Rippendecken ausgeführt.

Die geschwungene Verbindungsbrücke mit Plattform und Stützen aus Stahlbeton weist einen gläsernen Überbau mit einer Stahlrahmenkonstruktion als Primärtragwerk auf.

Wahl der Baustoffe

  • Stahlbeton: C20/25 bis C45/55
  • Betonstahl: BSt 500/550 S+M
  • Profilstahl: S235, S355
  • Spannstahl: St 1570/1770
  • Verpreßpfähle (GEWI-Pfähle): St 500/550

Gestaltung

Die beiden neuen maximal 3-geschossigen Baukörper des Büro- und Konferenzgebäudes sowie des Technikgebäudes interpretieren mit ihrer kreisrunden Gebäudeform die vorhandene Architektursprache des Bestandsgebäudes. Das Büro- und Konferenzgebäude ist im Erdgeschoss aufgeständert und erhält in den Obergeschossen raumhohe, transparente Fassaden. Das Technikgebäude ist zweigeschossig mit einer hinterlüfteten Metallfassade. Die Bebauung bildet durch ihre moderate Höhenentwicklung einen sanften Übergang zur Parklandschaft, welche als Naherholungsgebiet für die Mitarbeiter dient. Das Büro- und Konferenzgebäude ist über eine Brücke im 1. Obergeschoss mit dem Bestandsgebäude und dem neuen Technikgebäude verbunden. Die Büroräume sind als Zellenbüros entworfen, die sich kreisförmig um die begrünten Innenhöfe anordnen.

Das Technikgebäude ist über den Brückensteg im 1. Obergeschoss an das alte und neue Bürogebäude angeschlossen.

Dreifach Isolierverglasung, Fernwärme aus dem Geothermiekraftwerk der Energiewerke Garching sowie Betonkernheizung und -kühlung über den eigenen Geothermiebrunnen machen das Gebäude zu einem ressourcenschonenden und nachhaltigen Gebäude.

Besondere Ingenieurleistung

Das Büro- und Konferenzgebäude der ESO erzielt seine Besonderheit aus ingenieur-technischer Sicht in der statisch-konstruktiven Lösung der umlaufenden, zweigeschossigen Auskragung sowie der stützenfreien Bereiche zwischen den drei Gebäudeabschnitten. Durch das eingerückte Sockelgeschoss entsteht der gestalterisch gewünschte Eindruck eines über dem Gelände schwebenden Gebäudes. Die ca. 4,6m große Auskragung der Obergeschosse wird durch ein effizientes, räumliches Tragsystem bestehend aus Zughängern, Druckstützen (1. OG), den Deckenscheiben sowie Schottwänden (2. OG) ermöglicht. Zusätzlich wird zur Lastabtragung der Kurzschluss der Kräfte über die kreisförmige Grundrissgeometrie des gesamten Gebäudes optimal ausgenutzt. Über eingerückte Zugstützen am Kragarmende wird die auskragende Deckenscheibe im 1. OG an die darüber positionierten Schottwände des 2. OG angeschlossen. Die als wandartige Träger ausgebildeten Schottwände lasten sich innenseitig auf Druckstützen im 1. OG ab.

Durch die kraftschlüssige, zug-/drucksteife Verbindung der beiden Deckenscheiben mit den Schottwänden entsteht ein räumliches Tragsystem. Das Kippmoment der Schottwände infolge der Auskragung kann als horizontales Kräftepaar durch die beiden kreisförmigen Geschossdecken aufgenommen und zu den aussteifenden Treppenhauswänden geleitet werden.

Durch die umlaufende Auskragung mit einem nahezu symmetrischen Tragsystem können die horizontalen Kräfte in den Decken größtenteils kurzgeschlossen werden. Erst mit dem kraftschlüssigen Verbund aller Tragelemente untereinander, stellt sich das dreidimensionale, effiziente Tragverhalten ein.

Die großen Spannweiten des stützenfreien Bereichs zwischen den Gebäuden A / B sowie B / C werden durch ein Rippentragwerk in der Dachebene ermöglicht. Die vertikalen Lasten der darunter liegenden Decken werden über Schottwände und Stützen im 1. und 2. Obergeschoss nach oben in das Rippentragwerk der Dachebene hochgehängt und von diesem in die Stützelemente der benachbarten Gebäudeabschnitte weitergeleitet.

Welche positiven Effekte hat die Ingenieurleistung?

Das räumliche Tragsystem erzielt bzgl. Konstruktion, Nachhaltigkeit und Gestaltung äußerst positive Effekte. Aufgrund der räumlichen Tragwirkung kann die Lastabtragung der Auskragung auf alle Tragelemente verteilt werden. Dies ermöglicht im Gegensatz zu alternativen Lösungen (z.B. "Tischlösung" mit verstärkter Deckenplatte über EG oder "Kopftragwerk" mit verstärktem Dachtragwerk) die Ausführung äußerst schlanker Decken (Dicke 26cm) mit deutlich geringerem Eigengewicht. Mit der Ausführung möglichst schlank dimensionierter Decken wird nicht nur der Effizienz der Tragkonstruktion sondern auch der Gestaltung Rechnung getragen.

Aufgrund der optimierten Querschnitte mit geringen Bauteilabmessungen stellt die Konstruktion auch in wirtschaftlicher Sicht eine günstige Lösung dar. Lediglich bei der Herstellung müssen die Rüststützen unter der Auskragung im EG bis zur Fertigstellung der tragenden Schottwände im 2.OG und der Dachdecke eingebaut bleiben. Ansonsten erfolgt die Herstellung wie bei konventionellen Massivbauten.

Form und Gestalt entwickeln sich bei diesem Gebäude aus dem räumlichen, 3-dimensionalen Tragverhalten des Tragwerks und bilden somit eine unverrückbare Einheit.

Der Entwurf des Büro- und Konferenzgebäudes der ESO stellt ein gelungenes Beispiel einer interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Architektur und Ingenieurwesen dar.

Erläuterungsbericht von Mayr | Ludescher | Partner Beratende Ingenieure zur Einreichung beim Ulrich Finsterwalder Ingenieurbaupreis 2015

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  • Über diese
    Datenseite
  • Structure-ID
    20066627
  • Veröffentlicht am:
    01.12.2014
  • Geändert am:
    20.12.2016
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