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Allgemeine Informationen

Name in Landessprache: Hamburger Hauptbahnhof
Baubeginn: 1900
Fertigstellung: 5. Dezember 1906
Status: in Nutzung

Bauweise / Bautyp

Konstruktion: Skelettbau
Funktion / Nutzung: Bahnhofsgebäude

Preise und Auszeichnungen

2013 Auszeichnung  

Lage / Ort

Lage: , ,
Koordinaten: 53° 33' 10" N    10° 0' 24" E
Koordinaten auf einer Karte anzeigen

Technische Daten

Abmessungen

Gleisanzahl 8 + 4 (+2)
Bahnsteighalle größte Stützweite 73 m
Höhe 32 m

Chronologie

2013

Ingenieurbau-Preis 2013 - Auszeichnung für die Sanierung.

Sanierung Hauptbahnhof Hamburg

1. Aufgabenstellung des Bauherrn

Der denkmalgeschützte Hamburger Hauptbahnhof wurde 1906 erbaut und gehört zu den imposantesten Fernverkehrsbahnhöfen der Bundesrepublik Deutschland. Die Bahnhofshalle zählt mit ihrer über 70 m weiten Spannweite der historischen Dachkonstruktion zu den beeindruckendsten Architekturen der Hansestadt.

Die besondere Herausforderung lag in der Sanierung unter laufendem Betrieb, zumal der Bahnhof mit 450.000 Besuchern pro Tag der meistfrequentierte Bahnhof Deutschlands ist.

Aufgrund turnusmäßiger Überprüfungen an der Tragkonstruktion und der Gebäudehülle der Bahnhofshallen wurden erhebliche Schäden festgestellt, die unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes saniert und rekonstruiert wurden:

  • Instandsetzung / Austausch von Teilen der Stahltragkonstruktion in der Haupthalle und in den Seitenhallen
  • Erneuerung der Glasfassaden der Haupthalle (ca. 3.500 qm)
  • Erneuerung der Oberlichtverglasungen (ca. 1.500 qm)
  • Austausch von über 4.000 Gläser in den Seitenhallen
  • Instandsetzung der Südfassade
  • Erneuerung der Wartungseinrichtungen
  • Erneuerung der Dachabdichtung, Lichtkuppeln und Entwässerungseinrichtungen
  • Sanierung von mehr als 300 über das gesamt Bauvorhaben verteilte Schädigungen aus dem Bauwerksbuch

Die Aufgabenstellung war also, das bestehende denkmalgeschützte Bauwerk unter Aufrechterhaltung des Verkehrs für die kommenden 50 Jahre standsicher, verkehrssicher und regendicht zu machen und durch die neue Transparenz für die Besucher attraktiv zu gestalten.

2. Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Die Überdachung des Bahnhofes setzt sich zusammen aus genieteten Stahl-Hauptbindern mit einer Spannweite von 73 m und einer Firsthöhe von 32 m, die im Abstand von ca. 15,5 m als Zweigelenkbinder konzipiert wurden. Zwischen den Hauptbindern sind Gitterträger zur Aufnahme und Weiterleitung der Lasten aus der Dacheindeckung und den Fassaden montiert. An den Seiten schließen Fachwerkträger-Rahmen an, die den horizontalen Schub aus den Hauptrahmen aufnehmen und ihrerseits als Auflager für die Tonnendächer der Seitenhallen beidseits der Haupthalle dienen. Der horizontale Schub wird an den Seiten von Lagersteinen aus Granit aufgenommen. Die Südfassade wird durch eine am 1 Hauptbinder abgehängte Stahlkonstruktion gebildet.

3. Wahl der Baustoffe

Aufgrund der Auflagen aus dem Denkmalschutz hatte die Wahl der Baustoffe und die Farbgebung in enger Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde zu erfolgen. Die defekten Stahlkonstruktionen wurden durch neue Profile ersetzt. Die Glasfassaden wurden mit einer Stahlaufsatzkonstruktion ausgeführt, die Verglasung erfolgte mit 8 mm VSG Glas, bestehend aus 2 x 4 mm TVG mit dazwischen liegender PVB Folie.

In der Südfassade der Seitenhallen wurden mehrere tonnenschwere Granitblock-Ausfachungen zum Austausch der Stahlkonstruktion entfernt und nach erfolgter Wiederaufarbeitung neu eingesetzt. Im Mittelteil wurden vorhandene Stahlbetonblöcke in Waschbetonstruktur durch Werkstein aus veredelten Betonfertigteilen unter Verwendung von unterschiedlichen Strukturmatrizen und Zuschlagsstoffen aus italienischem Granit hergestellt. Die Herstellung dieser dem Granit nachempfundenen Stahlbeton-Fertigteile wurde vom Amt für Denkmalschutz begleitet. Die Zulassung für die Verwendung der italienischen Zuschlagstoffe zur DIN gerechten Herstellung der Fertigteilelemente musste separat erwirkt werden.

4. Erläuterung der Gestaltung

Die besondere Anforderung an die Gestaltung war die Original getreue Rekonstruktion der Bauteile. So durften beispielsweise die Tragprofile der Oberlichtverglasung in den Seitenhallen nicht durch Neue ersetzt werden, sondern es wurden die alten Profile einzeln demontiert, durchnummeriert und im Korrosionsschutzwerk aufgearbeitet. Im Anschluss wurden diese Profile an gleicher Stelle wieder genauso montiert. Durch diese Original getreue Rekonstruktion konnte die Verglasung nur durch Verwendung von vorher erstellten Schablonen erstellt werden. Allgemein wurde bei der Gestaltung besonderer Wert auf die Erhaltung des städtebaulichen Gesamteindrucks gelegt.

5. Besondere Ingenieurleistung

Die besondere Ingenieurbauleistung liegt in der Komplexität der Bauaufgabe.

Unter Berücksichtigung verschiedenster Randbedingungen mussten bei laufendem Betrieb über den gesamten Hauptbahnhof verteilt unterschiedlichste Sanierungs- und Erneuerungsmaßnahmen durchgeführt werden. Wesentliches Handicap waren in der Planungsphase zunächst die von der Bahn eingeräumten sehr engen Zeitfenster für Sperrpausen, in denen umfangreiche Bauhilfskonstruktionen errichtet werden sollten.

Auch die nur rudimentär vorhandene Bestandsstatik des Bauwerkes aus dem Jahre 1904 machte aufwendige Bestandsaufnahmen der tragenden und bereits mehrfach umgebauten Stahlkonstruktion besonders im Bereich der Südschürze und des Südsteges erforderlich. Vorgesehen waren zunächst großvolumige Raumgerüste als Standgerüste in der Haupt- und den Seitenhallen des Bahnhofes, die gleichzeitig als Schutz- und Arbeitsgerüste für die Arbeiten an der Tragkonstruktion, den Glasfassaden und Dachreitern sowie den Lichtkuppeln dienen sollten. Durch Änderung der Montagetechnologien wurden in Zusammenarbeit mit dem AG diese Gerüste durch filigranere, leichter und schneller zu montierende und demontierende Schutznetzkonstruktionen im Innern der Haupthalle an den Glasfassaden und unter dem First und andererseits durch Hängegerüste an den Hauptbindern, unter den Dachreitern sowie Gerüste auf den Dächern ersetzt. Für diese z.T. auch schweren Gerüstkonstruktionen auf den Dächern, die außerhalb von Sperrpausen errichtet werden konnten, waren umfangreiche statische Berechnungen erforderlich, um die Standsicherheit unter Ausnutzung vorhandener Lastreserven der Bestandskonstruktion nachzuweisen.

Positiver Nebeneffekt dieser Technologieänderungen für die Bauhilfskonstruktionen war eine kaum spürbare Beeinträchtigung des Bahn- und Reisendenverkehrs, da die Haupt- und Seitenhallen sowie die Ladenzeilen von störenden Standgerüsten frei gehalten werden konnten. Die Sanierung der gesamten Südschürze, die direkt an die der Stadt Hamburg gehörenden Steintordammbrücke angrenzt, erfolgte ebenfalls bei laufendem PKW- und Fußgängerbetrieb. Die erforderlichen Gerüste wurden als Sonderkonstruktionen abschnittsweise mit teilweiser Überbauung des Fußgängerstreifens errichtet. Die Gerüstlasten und Lasten aus Hebegeräten zur Demontage und Montage der Granitblock-Ausfachungen mussten in diesem Fall in die Brückenkonstruktion eingerechnet werden. Die Lastreserven waren auch hier sehr gering, da an der Brücke Schäden durch nicht mehr tragfähige Pfeiler festgestellt wurden und die Tragfähigkeit der Brücke erheblich eingeschränkt war.

Generell wurde bei den Stahlbauarbeiten, egal ob in der Halle beim Austausch maroder Träger, Gelenkbleche oder ganzer Rahmen oder an der Südschürze bei der De- und Neumontage der tragenden Hänger und Fassadenriegel ein besonderes Augenmerk auf die verschiedensten Bauzwischenzustände gelegt. Umfangreiche statische Nachweise waren erforderlich, die auf Grund der fehlenden Bestandsstatik durch Analyse der Bestandskonstruktion nachvollzogen werden mussten. Bei der Sanierung verschiedener Schäden aus dem Bauwerksbuch wurden nach Freilegung der Bereiche teilweise weitergehende Schäden festgestellt, so dass eine baubegleitende Planung und Statik erforderlich wurde.

Zur Beurteilung der Materialgüte im Hinblick auf Festigkeit und Schweißbarkeit wurden zudem zahlreiche Materialprüfungen durchgeführt. Für den Austausch der Profile wurden nach Möglichkeit normative Lösungen gefunden, die beliebig reproduzierbar waren. Das Prinzip lautete, so geringe Eingriffe wie nötig, diese jedoch dauerhaft und umfassend vorzunehmen. Diese Eingriffe erfolgten jeweils unter Berücksichtigung der Belange des Denkmalschutzes, um z.B. vorhandene Nietbilder oder Profile neu abzubilden.

6. Welche positiven Effekte hat die besondere Ingenieurleistung

Die ohnehin beeindruckende Bahnhofshalle ist jetzt durch die Erneuerung der Glasfassaden lichtdurchflutet und lädt mit seinen vielfältigen Geschäften zum Verweilen ein. Der Hamburger Hauptbahnhof wurde durch die Umbaumaßnahmen nicht nur fit für die nächsten 50 Jahre gemacht, sondern hat auch deutlich an Attraktivität gewonnen.

Erläuterungsbericht der Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH zur Einreichung beim Ingenieurbau-Preis 2013

Beteiligte

Bau (1900-1906)
Architektur
Sanierung / Instandsetzung (-2011)
Bauherr
Tragwerksplanung
Statische Prüfung
Bauausführung

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    Datenseite
  • Structure-ID
    20022280
  • Veröffentlicht am:
    12.07.2006
  • Geändert am:
    21.05.2022
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