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Allgemeine Informationen

Fertigstellung: 4. Dezember 2012
Status: in Nutzung

Bauweise / Bautyp

Funktion / Nutzung: Museumsbau

Preise und Auszeichnungen

2015 Einreichung  

Lage / Ort

Lage: , , ,
Koordinaten: 50° 25' 50.43" N    2° 48' 16.24" E
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Technische Daten

Abmessungen

Eingangshalle
Dach Breite 56 m
Länge 65 m

Neubau des Museums Louvre-Lens

1. Einführung

2005 gewannen die japanischen Architekten Kazuyo Sejima und Ruye Nishizawa (SANAA) aus Tokio gemeinsam mit Bollinger + Grohmann als Fachplaner für die Tragwerks- und Fassadenplanung den international ausgeschriebenen Wettbewerb. Der außergewöhnliche Entwurf der filigranen, flachen Baukörper mit ihrer leicht geschwungenen Gebäudehülle sollte höchste Ansprüche an die Ausführung der Details stellen. Desweiteren sollte die Umsetzung dieser reduzierten Architektursprache vor dem Hintergrund der im gleichen Jahr verbindlich eingeführten Energieeinsparverordnung auf Basis der EU-Gebäuderichtlinie (Régulation Thermique 2005 ) und die seit den 90er Jahren für alle öffentliche Gebäude vorgeschriebenen Nachhaltigkeitszertifizierung (HQE – Haute Qualité Environnementale) auf weitere Herausforderungen stoßen.

Bereits im Wettbewerbsentwurf stellten sich die charakteristischen Merkmale des zukünftigen Bauwerks deutlich heraus. Eine Komposition aus fünf langen flachen Baukörpern staffelt sich auf einer Länge von 360 Metern in die Tiefe einer 20 Hektar großen renaturierten Fläche einer ehemaligen Kohlenzeche. Im Zentrum befindet sich ein verglastes Eingangsgebäude, um das sich zwei opake Ausstellungssäle, ein Auditorium und ein Glaspavillon gruppieren, die mit ihren diffus reflektierenden Fassaden optisch mit der umgebenden Landschaft zu verschmelzen scheinen.

2. Eingangshalle

Das Zusammenwirken der Dachkonstruktion, des Tragwerks und einer höchst filigranen Glasfassade erwies sich beim Entwurf der 4.000 m² großen Eingangshalle als sehr komplex. Im Wettbewerbsentwurf noch als vollständig verglaster Baukörper vorgeschlagen, ergab sich aus den oben genannten Anforderungen eine Überarbeitung des Daches zu einer gedämmten Struktur mit einigen wenigen Oberlichtern, ausgeführt als einfache Trägerroststruktur. Das 65 x 56 große Dach liegt auf schlanken Stahlstützen auf. Die Stützen auf einem Raster von 9 x 9 Metern besitzen bei einer Höhe von 6 Metern einen Durchmesser von nur 140 mm und eine Wandstärke von 14 mm. Zweifellos können diese den gesamten Baukörper nicht aussteifen. Auch sonst besitzt dieser weder aussteifende Wandscheiben noch andere vertikale Bauteile zur Aufnahme und Ableitung von Horizontallasten. Einzig die Verbindungspunkte der Halle zu den Galerien werden zur Ausstei-fung genutzt. Dort ist ein hochkomplexer Knotenpunkt entstanden, der die Zusammenarbeit der verschie-denen Gewerke notwendig machte. Unter anderem wird hier auch die gesamte Dachfläche entwässert, zusätzlich mussten Belüftungsrohre untergebracht werden. Für die Anbindung der 6 Meter hohen Glasfas-saden-Elemente mit ihrer schlanken Unterkonstruktion an den auskragenden Dachrand kam letztlich eine zwängungsarme Konstruktion zum Einsatz, die eine freie Verdrehbarkeit jeder einzelnen Glasscheibe am Fußpunkt möglich macht.

Wie bereits erwähnt, waren für alle Baukörper von Beginn an der Energiestandard des französischen Nachhaltigkeitslabels HQE gefordert. Dies erforderte für die Fassaden der Eingangshalle und den Glaspavillon, der das Ensemble nach Osten hin abschließt, Isolierglaseinheiten mit einem Ug-Wert in Glasmitte von 1,1 W/m²K. Dies hätte zusätzlich eine Wärmeschutz-Beschichtung und einer Gasbefüllung des Scheibenzwischenraums notwendig gemacht, was für die ursprünglich angesetzte Höhe des Gebäudes von 7,50 Metern Konsequenzen haben sollte, lag doch zum damaligen Zeitpunkt in der industriellen Herstellung von Architekturgläsern die maximale Größe bei 6 Metern. Trotz intensiver Kooperation mit einigen eu-ropäischen Glasherstellern, die eine Ausführung von Isolierglasscheiben in der geforderten Größe möglich gemacht hätten, reduzierte der Bauherr schließlich kurz vor der Ausschreibung die Dimensionierung auf 6 Meter. Für die Unterkonstruktion der Fassade kam ein mit poliertem Aluminiumblech verkleidetes Stahlschwert mit Abmessungen von 120 x 30 mm zum Einsatz. Neben seinen geringeren Herstellungskosten sprach auch die Pfostentiefe von 150 mm. Damit sind die Schwerter nur halb so tief wie die ursprünglich geplanten Glasschwerter.

3. Ausstellungssäle

Für beide Baukörper mit einer Breite von 25 bis 26 Meter und einer Länge von bis zu 120 Meter waren Stützenfreiheit und variable, steuerbare Tageslichtnutzung über das Dach von Beginn an die Hauptanforderung an die Planung. Überdies war eine möglichst geringe Höhe des Dachaufbaus und eine ebenso geringe Dachneigung gewünscht. In der Vorentwurfsphase war die Dachstruktur noch als unterspannte Träger konzipiert und das Dach als vollverglaste Fläche geplant. Dies hätte eine Dreifachverglasung für den winterlichen Wärmeschutz und einen außenliegenden Sonnenschutz nötig gemacht. Auch eine die für eine geringe Dachneigung notwendigen Profilsysteme erwiesen sich als problematisch, ist doch in Frankreich eine Dachneigung von mindestens zwei Grad bauaufsichtlich vorgeschrieben. So entwickelten die Tragwerksplaner weitere Variantendetails, stets unter der Prämisse eines möglichst minimalistischen Tragwerks. Mittlerweile hatte der Lichtplaner nachweisen können, dass der notwendige Tageslichtkomfort bereits durch eine sechzig prozentige Verglasung erreicht werden könnte. Also konzentrierte man sich auf die Detaillierung dieser Variante.

Das Ergebnis besteht aus einer regelmäßigen Abfolge von 90 cm breiten Bahnen, die die Linearität der Dachstruktur unterstreichen. Bei den neu entwickelten Trägern mit einer Spannweite von 26 Metern handelt es sich um T-Profile aus Flachstahl, 60 bis 110 cm hoch, mit einer Stegstärke von nur 12 mm, der 25 mm breite Flansch ist in den Dämmpaneelen zwischen den Gläsern versteckt. Das statische Gesamtsystem konnte erst dadurch realisiert werden, dass die Sekundärkonstruktion, die die Glasscheiben trägt, zum Teil des Primärtragwerks wird und so das seitliche Ausweichen der Trägerobergurte verhindert.

Aus konservatorischen Gründen sollte trotz Tageslichtkonzept die Menge des natürlichen Lichts reguliert werden können, um die Kunstwerke vor direkter Sonneneinstrahlung zu schützen. Zudem erwartete der Bauherr die Möglichkeit der steuerbaren Verdunklung. Man entschied sich für eine außenliegende Verschattung aus Gitterrosten, deren Stäbe speziell geneigt und zu Reinigungszwecken aufklappbar sind. Auf der Unterseite sind für die Verdunklung motorisierte Lamellen montiert. So konnte ein äußerst flexibles Tageslichtsystem in einen Dachaufbau von weniger als 30 cm integriert werden.

Die Fassaden sind mit anodisierten Aluminium-Paneelen verkleidet, in der gleichen Größe wie die Glaseinheiten des Eingangsgebäudes. Eine besondere Anforderung hinsichtlich der Materialrecherche und Bemusterung waren die leicht gekrümmte und diffus reflektierenden Oberfläche mit minimalen vertikalen Stoßfugen. Die einzelnen Paneele wurden schließlich als Sandwichelemente produziert und mittels eines Agraffensystems vor die Dämmung montiert, auf diese Weise sind keine Verbindungsmittel erkennbar.

Der bescheidene Charakter des prämierten Entwurfs reduziert sich auf die gläserne Haut und die Aluminiumflächen, welche zu einer amorphen Einheit verschmelzen und den Kunstwerken somit einen einfachen aber würdigen Rahmen schenken. Es erwies sich als eine besondere Herausforderung, die minimalistische Architektur in eine quasi unsichtbare Konstruktion zu übersetzen und mit einer möglichst filigranen Dimensionierung der Elemente den schwerelosen Charakter der Baukörper zu unterstützen.

Erläuterungsbericht von Bollinger + Grohmann Ingenieure zur Einreichung beim Ulrich Finsterwalder Ingenieurbaupreis 2015.

Relevante Webseiten

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Relevante Literatur

  • Über diese
    Datenseite
  • Structure-ID
    20030753
  • Veröffentlicht am:
    30.08.2007
  • Geändert am:
    17.05.2015
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