0
  • DE
  • EN
  • FR
  • Internationale Datenbank und Galerie für Ingenieurbauwerke

Anzeige

Rettung eines Traditionsbaus – Sanierung der Alten Brücke in Frankfurt/M.

Nach der Injektion von hydraulischen Bindemitteln zur Homogenisierung und Festigkeitserhöhung ist der Unterbau der Alten Brücke in Frankfurt am Main wieder voll belastbar. Bei Untersuchungen erwiesen sich die Pfeiler der Alten Brücke in Frankfurt am Main als äußerst marode. Eindringendes Wasser hatte den Fugenmörtel teilweise ausgewaschen. Durch die Injektion von hydraulischen Bindemitteln konnten sowohl die Wasserdurchlässigkeit als auch die Standfestigkeit erhöht werden. Dabei wurde der kalkulierte Kostenrahmen exakt eingehalten.

Die Alte Brücke in Frankfurt am Main blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück: Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts war sie unterhalb von Würzburg die einzige massive Brücke, die den Main querte. 1848 kam eine Eisenbahnbrücke hinzu, 1869 folgte eine Fußgängerbrücke.

1222 erstmals urkundlich erwähnt

Mit einer Gesamtlänge von ca. 237 m und einer Breite von 19,5 m verbindet sie die Frankfurter Altstadt mit Sachsenhausen, dem größten Stadtteil der Mainmetropole. Bereits 1222 wurde die an einer der ältesten und wichtigsten Handelsstraßen zwischen dem Norden und Süden Deutschlands gelegene Verbindung urkundlich erwähnt. Alle Händler, die Waren über den Main transportierten, mussten hier den Fluss überqueren. Zoll und Wegegeld wurden zu wichtigen Einnahmen für die Stadt. Ihre Bedeutung lässt sich schon daran ermessen, dass König Heinrich VII im Jahr 1235, nachdem ein Hochwasser die Brücke zerstört hatte, der Stadt 'auf ewige Zeiten' die Hälfte der Einkünfte aus der königlichen Münze sowie Holz aus dem Reichsforst zur Wiederherstellung zur Verfügung stellte. Insgesamt wurde die Brücke im Laufe der Jahrhunderte 18-mal zerstört und immer wieder erneuert.

Heutige Brücke 1926 eingeweiht

Die heutige Brücke wurde am 15. August 1926 eingeweiht. Der Vorgängerbau mit seinen 13 Bögen war dem zunehmenden Verkehr nicht mehr gewachsen und zu einer Behinderung für die Mainschifffahrt geworden. In ihrem Erscheinungsbild entspricht sie im Wesentlichen dem ursprünglichen Zustand. Jedoch wurden zwei der insgesamt 8 Gewölbebögen kurz vor Ende des Krieges gesprengt. Nach einem zunächst provisorischen Wiederaufbau eines Pfeilers ersetzte man Mitte der 60er Jahre das Mittelstück durch einen Stahlüberbau. Die Konstruktion besteht bis heute, ist jedoch mittlerweile in die Jahre gekommen, weshalb im Jahr 2000 eine Grundinstandsetzung beschlossen wurde. Die Planungen sahen vor, eine Straßenbahnverbindung einzurichten, außerdem sollte das fünfspurige Bauwerk zu beiden Seiten um einen Fuß- und Radweg erweitert werden. Aus finanziellen Gründen wurde das Vorhaben jedoch immer wieder verschoben.

Befund

Die Brücke besteht an den Pfeilervorlagen aus einer Schale aus rotem Sandsteinmauerwerk mit einer Füllung aus Mörtel und Zuschlagstoffen aus verschiedenen Materialien und in unterschiedlicher Größe. 2006 ließ die Stadt Frankfurt Voruntersuchungen durchführen, bei denen die Tragfähigkeit der Brückenpfeiler hinsichtlich der geplanten Verbreiterungen geprüft wurden. Dabei wurden erhebliche Schäden an den Brückenpfeilern festgestellt. Die Pfeiler waren in ihrem Gefüge gestört und wassergesättigt. Es musste von lokalen Durchströmungen ausgegangen werden. Eindringendes Wasser hatte an vielen Stellen den Mörtel ausgewaschen mit entsprechenden Konsequenzen für die Tragfähigkeit. "Die WD-Tests der Voruntersuchungen," berichtet Projektleiterin Nicole Geb von der Firma Arcadis, ein führender internationaler Anbieter von Beratungs-, Projektmanagement- und Ingenieurleistungen in den Bereichen Infrastruktur, Wasser, Umwelt und Immobilien, "wiesen Werte zwischen mehreren Hundert bis 1000 Lugeon (ein Lugeon ist ein L pro Min. pro 1 m Bohrlochlänge bei einem Druck von 10 bar (150 psi)) auf. Während der Ausführung konnten wir feststellen, dass sich die Werte vergrößerten, d.h. verschlechtert hatten. Zwischen der Voruntersuchung und der Ausführung lagen ca. 1,5 Jahre." Um weiterhin die Standfestigkeit und Gebrauchsfähigkeit der Flussquerung zu gewährleisten, musste die Brücke dringend in Stand gesetzt werden.

Lösung

"Unser Ziel war", so Nicole Geb, "zum einen die Durchlässigkeit zu verringern, d.h. das Zu- bzw. Durchströmen mit Wasser im Pfeiler zu unterbinden, um die Bindemittel nicht weiter auszuspülen, da sonst die Pfeilerstandfestigkeit beeinträchtigt wird. Zum anderen wollten wir für die geplanten späteren Baumaßnahmen die Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit für das nächste halbe Jahrhundert ausreichend sichern." Dies entsprach ebenfalls den Vorgaben des Landes Hessen.
Verschiedene Varianten zur Sanierung wurden im Vorfeld diskutiert und hinsichtlich ihrer Eignung bewertet. Favorisiert wurde schließlich eine Lösung, bei der hydraulische Bindemittel zur Homogenisierung und Festigkeitserhöhung des Pfeilerkörpers injiziert werden. Die Lösung bot eine maximale Reduzierung der Wasserdurchlässigkeit, eine optimale Erhaltung sowie die Sicherung bzw. Erhöhung der Tragfähigkeit und war zudem von maximaler Dauerhaftigkeit. "Um die angestrebte Variante erfolgreich hinsichtlich der Kosten, Planung und Ausführung für unseren Auftraggeber umzusetzen", betonte Peter Jamin, Arcadis, verantwortlich für das Projektcontrolling, "ist eine Probeinjektion, die im Vorfeld unter realen Bedingungen erfolgen muss, unabdingbar. Mit der Ausführung der Arbeiten wurde die Kasseler Spezialfirma w + s bau-instandsetzung gmbh, ein Mitglied der Landesgütegemeinschaft Betoninstandsetzung und Bauwerkserhaltung Hessen-Thüringen e.V. beauftragt. Grundlage für die Durchführung der Arbeiten war u. a. das DWA-Merkblatt
M 506.

Schadensbehebung

Während der ausführenden Arbeiten kam es zu keinen nennenswerten Einschränkungen des öffentlichen Straßenverkehrs. Ebenfalls wurde der Schiffsverkehr – von Geschwindigkeitsbeschränkungen im Bereich der Brücke abgesehen – kaum beeinträchtigt.
"Allerdings", stellt Nicole Geb fest, "wurde die Geschwindigkeitsbeschränkung auf dem Main nicht immer eingehalten, so dass teilweise die Sicherheit der Arbeiter gefährdet war." Nach regelmäßigen Geschwindigkeitsmessungen durch die Wasserschutzpolizei und zwei Anzeigen war das Problem jedoch im Griff.
Von der Landseite aus wurden die Arbeiten auf beiden Uferseiten begonnen. Start war am Widerlager Sachsenhausen und auf der Frankfurter Seite an dem Pfeiler, der zur Hälfte im Main steht. Bei Arbeiten an den im Wasser stehenden Pfeilern wurden Pontons miteinander gekoppelt und in den jeweiligen Gewölbebogen eingeschwommen und dort verankert. So konnten nach Bedarf beide Pfeilerseiten gleichzeitig bearbeitet werden. Bei Arbeiten an Pfeilern, die die Schifffahrtsrinne begrenzen, durfte nur ein Ponton die Wasserstraße einengen, um einen sicheren Schiffsverkehr zu gewährleisten. Auf den Pontons stand die Bohranlage. Die Injektionsanlage befand sich an Land, das Injektionsmaterial wurde über Leitungen zugeführt.
Im Rahmen des zur Sanierung gewählten Injektionsverfahrens trieb das Unternehmen zunächst an beiden Seiten der Pfeiler fächerförmig sich wiederholende Bohrungen in den Pfeilerkörper vor, die anschließend mit hydraulischen Bindemitteln verpresst wurden. Dabei wurden in der Fläche in einem Bohrfeld insgesamt 7 Bohrungen übereinander angelegt. Das Bohrfeld wiederholte sich ursprünglich mit einem Bohr-Abstand von 1,60 m. Die zur Kontrolle durchgeführten WD-Tests ergaben nicht die geforderten Werte. Der Rasterabstand musste optimiert werden. Als wirtschaftlich und das Injektionsziel erfüllend erwies sich schließlich ein Abstand von 1,25 m.
Zwei verschiedene Bohrtechniken standen zur Wahl: die Doppelkernbohrung und die Im-Loch-Hammer-Bohrung. Als im vorliegenden Fall schnellste und kostengünstigste Variante kam die Im-Loch-Hammer-Bohrung zum Einsatz. Die Doppelkernbohrung wurde für Kontrollzwecke eingesetzt.
Gebohrt wurde in Winkeln von 5 bis 70 Grad. Die Bohrungen erfolgten so, dass sie etwa einen Meter vor der Außenkante der Pfeiler endeten, um ein Durchbohren zu verhindern. Sobald der Bohrfächer abgebohrt und fertiggestellt war, wurden zur Qualitätssicherung und Erfolgskontrolle jeweils Kontrollbohrungen im vorderen und mittleren Bereich sowie am Pfeilerende durchgeführt.
Aus Rücksicht auf den Baukörper selbst injizierte man das hydraulische Bindemittel mit einem Druck von 3 bis max. 5 bar. "Wir waren vorsichtig," berichtet Nicole Geb, "um das vorhandene Gefüge nicht zu sprengen. So blieb die Substanz erhalten. Hier war man auch auf das Know How des Injektionsmeisters angewiesen."
Insgesamt wurden an den 14 Pfeilerseiten etwa 2200 Einzelbohrungen bzw. knapp 17.500 Bohrmeter durchgeführt und rund 1,1 Mio. L Bindemittel eingefüllt. Es kamen bis zu 12 Injektionspumpen und bis zu 4 Bohranlagen gleichzeitig zum Einsatz. Qualitätssicherung und Nachweis des Injektionszieles erfolgte durch 2800 WD-Tests.
Erreicht wurde eine im gesamten Bauwerk konstante, deutlich verbesserte Tragfähigkeit und damit Standsicherheit des gesamten Brückenbauwerks. Die Arbeiten konnten, obwohl die Baustelle Anfang des Jahres mit einem extremen Hochwasser konfrontiert wurde, planmäßig nach einer Bauzeit von gut 10 Monaten abgeschlossen werden.

Kostensicherheit

Injektionsverfahren gelten gemeinhin als Kostenrisiko und als schwer kalkulierbar. Im vorliegenden Fall konnten durch die umfangreichen Voruntersuchungen und die darauf basierende Qualität der Planung die veranschlagten Baukosten eingehalten und damit eine hohe Kostensicherheit erreicht werden. Bei den Widerlagern war man sogar etwas günstiger als im Vorfeld kalkuliert. Die Kosten und Injektionsmengen für die mittleren Pfeiler entsprachen fast genau den Berechnungen. Voraussetzung sei allerdings, darauf weist das Projektteam ausdrücklich hin,

  1. eine saubere und gründliche Voruntersuchung
  2. ein Instandsetzungskonzept und die Zielfestlegung der Maßnahme, basierend auf der Voruntersuchung
  3. die Probeinjektion nach DWA M 506
  4. eine Kostenberechnung, auf Basis der Probeinjektion
  5. die Auswahl eines geeigneten Fachunternehmens
  6. eine Qualitätssicherung und die Kontrolle des Unternehmens vor Ort
  7. die zusätzliche Kontrolle der Arbeiten durch eine dafür anerkannte Prüf- und Überwachungsstelle.

Die letztgenannte Aufgabe erfolgte durch die Prüf- und Überwachungsstelle der Bundesgütegemeinschaft, bei der die einwandfreie Arbeit entsprechend dem geltenden Regelwerk bestätigt werden konnte.

Rita Jacobs und Dipl.-Ing. Hans Joachim Rosenwald

Referenzen

Frankfurt am Main, Hessen, Deutschland (1926)

  • Über diese
    Datenseite
  • Product-ID
    4529
  • Veröffentlicht am:
    30.04.2012
  • Geändert am:
    03.03.2020