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Allgemeine Informationen

Baubeginn: 1999
Fertigstellung: 2001
Status: in Nutzung

Bauweise / Bautyp

Funktion / Nutzung: Botschaftsgebäude

Lage / Ort

Lage: , , ,
Adresse: Tiergartenstraße 12-14 / Stauffenbergstraße 1-4
Koordinaten: 52° 30' 34.37" N    13° 21' 49.66" E
Koordinaten auf einer Karte anzeigen

Technische Daten

Abmessungen

Fläche des Areals 3 698 m²
Gebäudefläche 1 931 m²
Bruttogeschossfläche (BGF) 7 335 m²

Kosten

Baukosten ca. Euro 16 500 000

Baustoffe

Dach TECU® Patina
Fassade TECU® Patina

Anwendungsberichte und verwendete Produkte

TECU® Patina

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Chronologie

März 1999

Baubeginn.

9. Juni 1999

Grundsteinlegung.

5. Juli 2001

Einweihung.

Zur Architektur der Österreichischen Botschaft in Berlin

Hans Holleins stilvoll-fragmentarischer Neubau der österreichischen Botschaft, nur etwa zehn Hausnummern nördlich der kriegszerstörten österreichischen Gesandtschaft in der ehemaligen Bendlerstraße, die in einer Reihe von Bürgerpalais untergebracht war, bildet im Berliner Stadtteil Tiergarten das Entree und die Visitenkarte des künftigen Botschaftsviertels. Kennzeichen der heutigen Architektursprache ist nach Auffassung Holleins, "dass sie sowohl geometrisch-rektangulär als auch organisch-landschaftlich ist und ins nächste Millennium weist". Für den österreichischen Staat und seinen architekturinteressierten Bundeskanzler zählt diese Auslandsrepräsentanz, die ein "neues und weltoffenes Österreich" repräsentieren soll (Bundespräsident Thomas Klestil), zu den wichtigsten. Im Unterschied zur Gleichbehandlung differenzierter räumlicher Funktionen entschied sich Hollein für das Absolute einer organischen Form, verkörpert in einer vorpatinierten grünen Kupferhaut. Als Verbindung zwischen Residenz und Amtsräumen bewirkt diese Inszenierung spannungsgeladene Bewegungsachsen, die in der Wohnung des Botschafters ihre Fortsetzung finden, während der Amtstrakt des Konsulats mit seiner auch aus ökonomischen Gründen lapidaren Zimmerflucht den Gegenpol bildet. Angenehmer Nebeneffekt dieser städtebaulichen Komposition: Der Garten der Residenz liegt nicht an der viel befahrenen Tiergartenstraße sondern geschützt im Rücken flankierender Gebäudeflügel - was bei einem Botschaftsgebäude auch unter dem Aspekt der ministeriellen Sicherheitsbedürfnisse von Bedeutung ist. Mit Bauten wie dem Wiener Kerzenladen Retti (1965), den Wiener Juweliergeschäften Schullin (1974/82), der amerikanischen Botschaft in Moskau (Inneneinrichtung, 1974), dem Wiener Hauptsitz des Österreichischen Verkehrsbüros (1978) aber auch einer Ende der siebziger Jahre entworfenen Wiener Grundschule (Köhlergasse, 1990) wurde Hollein, der mit 33 Jahren an die Kunstakademie Düsseldorf berufen wurde und seit 25 Jahren an der Universität für angewandte Kunst in Wien lehrt, zum Vorreiter und prominenten Guru der Mitte der siebziger Jahre ausgerufenen postmodernen Architektur. Bereits 1962, vor dem Hintergrund der beginnenden Funktionalismuskritik, hatte Hans Hollein in seinem zentralen Vortrag "Zurück zur Architektur" dazu aufgerufen, "das Bedürfnis der Menschen, materielle Gebilde zu schaffen, die eine transzendente Bedeutung haben" nicht zu missachten. Mit seiner bewegten, phantasiereichen und farbigen Architektur, die eher auf Scharoun verweist als auf den Berliner Neohistorismus, folgt Hans Hollein nicht dem vom Senat verordneten Stilkanon. Wie auch, wenn in Berlin trotz der Beiträge Erich Mendelsohns und der Brüder Luckhardt schon runde Ecken als suspekt eingestuft werden. Mit der nur in seiner Straßenfassade klassizistisch-klassischen Architektur des Konsulats verweist Hollein dennoch auf Schinkel und Stüler, während die kupfergrüne Botschaft an der Tiergartenstraße eine Paraphrase der organischen Architektur von Finsterlin, Häring und vor allem Scharoun ist. Gerade Berlin gilt als eine Collage und wird doch immer wieder in die Pflicht der Ordnung genommen: mal postmodern, mal neohistoristisch. Wenn es schon dabei bleiben muss, die Diplomaten dort anzusiedeln, wo es Albert Speer 1937 gegen Anwohner und Juden rigoros durchsetzte, dann sollte Monumentalität nicht zu den obersten Zielen gehören. Auftakt und Abschluss der diplomatischen Gebäudeversammlung zwischen Potsdamer Platz und Tiergarten-Dreieck (Nordische Botschaften) bilden jetzt freie Formen in identischem Material: ein Zufall, aber trotzdem nicht ohne Reiz und Hintersinn. Was Hollein bereits in seinen Museen in Frankfurt (1991) und Mönchengladbach (1982) realisierte, wendet er am Tiergarten auf die Komposition aller drei Gebäudeteile an: die labyrinthische Mehrfacherschließung der Räume durch Übereck-Öffnungen. Trotz ihrer funktionalen Selbständigkeit sind Botschaft, Konsulat und Residenz in ihren Foyers und Verkehrszonen so eng verzahnt, dass immer die Wahl zwischen zwei Wegen offen steht. Nicht nur horizontal, auf gleicher Ebene, sondern in komplexer räumlicher Verklammerung auch vertikal durch Treppen und Stiegen. Diese städtebauliche Behandlung des Gebäudeinneren knüpft an die architektonische Zielvorstellung vom Haus als Weg und Platz an. In der Überlagerung von orthogonalen und gerundeten Raumfolgen und dank der gestuften Öffnungen des Interieurs mit Hilfe von Durchblicken, Transitzonen und Enfiladen entsteht eine urbane Dichte und Intensität. Im Vergleich zur Förmlichkeit manch anderer Botschaft des neuen Diplomatenviertels zeigt sich die materialintensiv verrätselte Assemblage innen geradezu melodiös und erotisch. Vom gläsernen Wimpernaufschlag über der repräsentativen Vorfahrt des ellipsoiden Kupfergelenks an der Tiergartenstraße über die effektvoll inszenierte "receiving line" samt zentraler Tageslichthalle, Saal und Galerie bis zu den Empfangs- und Privaträumen der Residenz will der Besucher stets mehr sehen und berühren als erlaubt sein kann. Der vorpatinierte, grüne Flossenschwung, der außen die Ellipse des Repräsentationsteils überlagert, versetzt zum Tiergarten hin das zweigeschossig angelegte Arbeitszimmer des Botschafters in Bewegung. Mitentscheidend für den dynamischen und vielschichtigen Entwurf Holleins war die Wettbewerbsforderung des Senats, auf die spezifischen Bedingungen des Ortes einzugehen. Das Eckgrundstück des neuen Botschaftsbaus stand bis in die dreißiger Jahre in der vorstädtischen Tradition eines wohlhabenden Villenviertels und Erholungsgebiets. Zuletzt wurde das Grundstück von einer Gärtnerei und einem Ausflugsrestaurant mit eigenem Karussell genutzt. Zum Zeitpunkt des Wettbewerbs, der als einer der ersten die Botschaftsbauten Berlins behandelte, waren die Entwürfe der Nachbarbauten nicht bekannt. Der Architekt wundert sich darum heute zu Recht darüber, dass die städtebauliche Vorgabe des Senats auf die Nachbarschaft offensichtlich keinen Einfluss hatte. Gerade dem geschwungenen Baukörper an der Tiergartenstraße mit seinen individuellen Raumfolgen gelingt es, weniger Amt als Offenheit, Gastlichkeit, Würde und Eleganz auszustrahlen. "Seine introvertierte Vielschichtigkeit nimmt das beste Erbe der österreichischen Architekturmoderne auf, die melodiösen Gefühlslinien des kupfernen Zentralbaus stehen in der sensualistischen Tradition der Wiener Seelenkunde, und die Materialsensibilität erinnert an die große kunsthandwerkliche Tradition des Landes." (Michael Mönninger). Diese Mythisierung der Moderne wird in den Brennpunkten der in vorpatinierten Kupfer signalhaft angezeigten Eingangsellipse symbolisch erkennbar: auf der einen Seite die moderne Großstadt, auf der anderen die mystische Erfahrung von Tradition und Typus, Architektur als Verlängerung der Sinne.

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  • Structure-ID
    20005219
  • Veröffentlicht am:
    20.09.2002
  • Geändert am:
    21.08.2021
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