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Brücke mit Weltrekord-Spannweite und symbolischen Obertönen

Mit einer freien Spannweite von 230 Metern ist die Fußgängerbrücke in Weil am Rhein die längste Brücke ihrer Art. Sie verbindet die französische Stadt Huningue und die deutsche Stadt Weil am Rhein und hat damit auch eine große symbolische Bedeutung, die die Verbundenheit zwischen den beiden europäischen Ländern unterstreicht. Und nicht zuletzt symbolisiert die Brücke die Zusammengehörigkeit der Menschen, die auf der rechten und linken Rheinseite leben. In den Worten der Rede von Oberbürgermeister Wolfgang Dietz bei der offiziellen Eröffnung der Brücke am 30. Juni 2007: "Wenn wir menschliche Brücken bauen wollen, müssen wir auch physische Brücken bauen."

Die filigrane Gestaltung der Brücke ist der perfekte Ausdruck ihrer allegorischen Bedeutung. Angesichts ihrer Eleganz und Leichtigkeit ist es kaum zu glauben, dass sie mit 230 Metern die größte Spannweite aller Rad- und Fußgängerbrücken dieser Art auf der Welt hat. Die grenzüberschreitende Verbindung und Kommunikation zwischen Deutschland und Frankreich hat am Rheinknie eine praktische und eine symbolische Dimension. Hier, wo der Fluss zwei Kulturen trennt, ist er im Laufe der Jahre auf vielfältige Weise überbrückt worden. Der Verkehr kann den Rhein zwischen Groß- und Kleinbasel mittels fünf Brücken, einer Wehrbrücke und vier Fähren überqueren. Fußgänger und Radfahrer waren jedoch benachteiligt und mussten sich mit einer Brücke in einiger Entfernung unterhalb des Pont Palmrain begnügen.

230 Meter Spannweite

2001 schrieb die Stadt Weil am Rhein im Auftrag der Auftraggeber (Stadt Weil am Rhein und Communauté des Trois Frontières) einen Architekturwettbewerb aus, den Feichtinger Architectes, Paris, in Zusammenarbeit mit Leonhardt, Andrä und Partner, Berlin, gewannen. Der Siegerentwurf sah eine filigrane, elegante Stahlbogenbrücke vor, die mit einer einzigen Spannweite von 230 Metern die imposante Breite des Rheins vollständig überspannen sollte.

Die städtebauliche Bedeutung der Brücke liegt in der Verbindung von zwei Straßen. Auf deutscher Seite bildet sie die Verlängerung der Hauptstraße in Weil und auf französischer Seite schließt sie an die Rue de France an, die nach 200 Metern auf den zentralen Place Abbatucci mündet. Die Brücke ist aber nicht nur eine Fortsetzung der Straßenbauwerke für die Anrainer, auch die Bürgerinnen und Bürger von Kleinbasel können nun von den Vorteilen eines direkten Radweges ins Elsass profitieren. Und natürlich ist die auto- und lkw-freie Brücke auch ein idealer Aussichtspunkt: Stromaufwärts blickt man auf die Schifffahrt vor dem Basler Binnenhafen, und im Hintergrund entsteht der Novartis-Campus - ein internationales Forschungs-, Entwicklungs- und Managementzentrum.

Breiter, flacher Bogen

Um den Blick auf den historischen Turm am Hauptplatz von Huningue nicht zu verstellen, liegt die Brücke auf der Nordseite der beiden neu verbundenen Straßenräume - ein sensibler Schachzug der Planer, der heute nicht immer selbstverständlich ist. Darüber hinaus ist das Tragwerk asymmetrisch gestaltet. Der nördliche Bogen ist sichtbar stärker und besteht aus zwei sechseckigen Rohren. Der südliche Bogen, ein Rundrohr, lehnt sich an den ersten an, so dass die Sichtlinie zwischen den Nachbarstädten offen bleibt. Das Deck dient als horizontales Bindeglied, so dass neben den Windkräften nur noch vertikaler Auflagedruck aufgenommen werden muss. Die Bogenform wurde während der Entwurfsphase schrittweise verändert, um ihr einen optisch abgerundeten, harmonischen und sanften Verlauf zu geben. Der extrem flache Bogen mit seiner geringen Höhe von nur 24 Metern verleiht der endgültigen Form ihre Spannung und Eleganz. Der Querschnitt der Stahlkonstruktion ist asymmetrisch und zur Mittellinie hin offen. Das wichtigste Strukturelement ist ein vertikaler Bogen, der aus zwei sechseckigen Rohren besteht. An diesen Bogen lehnt sich auf der Pfahlseite ein einfacher Rohrbogen an, dessen Neigung die Sichtachse verlängert. Die Bogenstützen befinden sich in der Uferzone.

Die durch den harmonischen Bogen suggerierte Leichtigkeit wird in der Uferzone durch die Wahl eines dreidimensionalen Gitters anstelle der sonst üblichen massiven Endpfeiler zur Abtragung der einwirkenden Kräfte fortgesetzt. So ruhen die Bögen elegant auf den filigranen Grundpfeilern in Ufernähe. Zwei starke Druckstreben leiten den horizontalen Schub auf das Ende des Decks, das die kombinierten Zugkräfte über den Fluss abträgt. Die übrigen vertikalen Bauteile sind durch zwei Zugstäbe unterirdisch verankert. Optisch bilden die Druckstäbe einen Auftakt zum großen Bogen und sorgen für einen dynamischen Übergang. Insgesamt überzeugen Entwurf und Ausführung bis ins kleinste Detail. So sind beispielsweise die Durchdringungen der Fahrbahnrandstützen und der Bögen mit hochwertigen Stahlgusselementen ausgebildet. Alle anderen Fugen, Stäbe und Kraftanschlusspunkte wurden unter dem Gesichtspunkt der Funktionalität entwickelt und sind präzise gefertigt. Die integrierte Beleuchtung im Handlauf unterstreicht die klare Form der Brücke und trägt zur sensiblen Einbindung des Bauwerks in die Flusslandschaft bei.

Stahlbauspezialisten und hochwertige Materialien

Besondere Bauwerke sind immer das Ergebnis eines kompetenten Zusammenspiels. Für die Brücke in Weil am Rhein schlossen sich Feichtinger Architekten, das auf Tragwerksplanung spezialisierte Ingenieurbüro Leonhardt, Andrä und Partner sowie die Stahlbauexperten von Max Bögl zu einer erstklassigen Projektgruppe zusammen. Architekt Dietmar Feichtinger feierte im vergangenen Jahr die Einweihung seiner Simone-de-Beauvoir-Fußgängerbrücke über die Seine in Paris, Leonhardt, Andrä und Partner kann auf den Firmengründer Fritz Leonhardt und eine lange Tradition im Hochbau zurückblicken und hat mit Wolfgang Strobl, Gruppenleiter Bauingenieurwesen im Berliner Büro, einen ausgewiesenen Spezialisten in der Entwicklung von Software für statische und dynamische Berechnungen anspruchsvoller Bauwerke. Nicht zuletzt war Max Bögl an fortschrittlichen Stahlbauprojekten wie der spektakulären Cargolifter-Halle in Brand, dem Dachtragwerk des Hamburger Flughafens und jüngst an der neuen Luitpoldbrücke in Bamberg beteiligt. Für das jüngste Projekt hat Max Bögl die Brücke auf dem Vormontageplatz auf französischer Seite aus einzelnen Segmenten zusammengesetzt und am 12. November 2006 in ihre endgültige Position geschwommen. Anspruchsvolle Konstruktions- und Montagearbeiten erfordern hochwertige Baustoffe. Die MSH-Profile von V&M TUBES spielten daher eine wichtige Rolle bei der Gestaltung und Konstruktion der Fußgängerbrücke in Weil am Rhein. Insgesamt wurden 199 Tonnen nahtlose kreisförmige Hohlprofile aus S355J2H-Stahl mit 3.2-Zertifikat für den Bau der Brücke verwendet. Die verwendeten Abmessungen waren 610 mm x 36 mm für den Bogen, 457 mm x 25 mm als Aussteifungsrohre und 323 mm x 25 mm als einseitige Randkontur entlang der Südseite der Fahrbahn.

Einweihungsfeierlichkeiten im Sommer

Brücken schaffen Verbindungen, können aber auch den Blick auf die angrenzenden Natur- und Kulturlandschaften versperren. Eines der besten Merkmale der leichten Fußgängerbrücke in Weil am Rhein ist daher ihre Transparenz. Sie sorgt dafür, dass die Blicke zwischen den beiden Ländern ungestört sind und fördert so die visuelle Kommunikation. Auch der Bauprozess der Brücke schuf Gelegenheiten für echte Kommunikation. Der gemeinsame 90-minütige Vibrationstest zum Beispiel, für den die Stadt Weil und die Communauté 600 Freiwillige benötigten. Tatsächlich überquerten am 13. Januar 2007 insgesamt 1500 Menschen unter Aufsicht der Statiker die neue Fußgängerbrücke, um sie in Schwingung zu versetzen. Noch mehr Zuschauer und Gäste - rund 50.000 an zwei Tagen - kamen zu den offiziellen Eröffnungsfeierlichkeiten nach Abschluss der letzten Installations- und Korrosionsschutzmaßnahmen im Sommer 2007.

Fußgängerbrücke Weil am Rhein

In Auftrag gegeben von: Die Stadt Weil am Rhein im Auftrag der Communauté des Trois Frontières, Elsass
Architekten: Feichtinger Architectes, Paris
Hochbauplanung: Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure VBI, Stuttgart
Konstruktionsarbeiten/Stahlbau: Max Bögl Stahl- und Anlagenbau GmbH & Co. KG, Neumarkt
Rohrlieferant: ThyssenKrupp Schulte, Nürnberg
MSH-Profile: Insgesamt 199 Tonnen MSH-Profile in den Abmessungen (Durchmesser x Wandstärke) 323,9 mm x 25 mm, 457 mm x 25 mm und 610 mm x 36 mm für die Bogenkonstruktion und als Aussteifungsrohre,
Material: S355J2H mit 3.2 Zertifizierung.

Referenzen

Weil am Rhein, Lörrach (Kreis), Baden-Württemberg, Deutschland, Europa - Huningue, Haut-Rhin (68), Grand-Est, Frankreich (2007)

  • Über diese
    Datenseite
  • Product-ID
    6260
  • Veröffentlicht am:
    13.05.2013
  • Geändert am:
    20.03.2022